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Lukas Ursel, Sachverständiger für Immobilienbewertung

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Wann ist ein Verkehrswertgutachten Pflicht?

Ein Verkehrswertgutachten (Gutachten über den Marktwert einer Immobilie) ist in Deutschland nur in bestimmten Fällen gesetzlich verpflichtend, etwa bei einer Zwangsversteigerung oder beim Verkauf einer Immobilie durch einen gerichtlich bestellten Betreuer.

In den meisten anderen Situationen – zum Beispiel bei Erbschaften, Scheidungen oder steuerlichen Angelegenheiten – besteht keine automatische Pflicht, jedoch wird ein Verkehrswertgutachten dringend empfohlen, um den Immobilienwert objektiv zu ermitteln und rechtliche oder finanzielle Nachteile zu vermeiden.

Erbschaft und Erbschaftssteuer – ist ein Verkehrswertgutachten bei einer geerbten Immobilie Pflicht?

Bei einer Erbschaft ist ein Verkehrswertgutachten nicht automatisch gesetzlich vorgeschrieben, kann aber äußerst sinnvoll sein. Das Finanzamt ermittelt für die Erbschaftssteuer den Immobilienwert nach dem Bewertungsgesetz (BewG) anhand standardisierter Verfahren. Durch die Reform Anfang 2023 werden diese amtlichen Bewertungen häufig höher ausfallen (insbesondere nach Ertrags- oder Sachwertverfahren).

Tipp: Wenn der vom Finanzamt angesetzte Wert zu hoch erscheint, können Erben mittels Sachverständigengutachten einen niedrigeren gemeinen Wert nachweisen. Ein umfangreiches Verkehrswertgutachten eines unabhängigen Sachverständigen kann den vom Finanzamt ermittelten Wert nach unten korrigieren und so die Erbschaftssteuer merklich senken. Auch bei Schenkungen (Immobilienübertragungen zu Lebzeiten) gilt Entsprechendes: Das Gutachten dient als Nachweis des echten Marktwerts gegenüber dem Finanzamt, um eine faire Besteuerung sicherzustellen. Zudem hilft ein Gutachten in einer Erbengemeinschaft, den Nachlass gerecht aufzuteilen und Streit über den Wert der geerbten Immobilie zu vermeiden. Kurz gesagt: Pflicht ist ein Gutachten im Erbfall zwar nicht, doch in Hinsicht auf Steuern und Familienfrieden ist es oft dringend anzuraten.

Scheidung – muss bei einer Scheidung ein Verkehrswertgutachten eingeholt werden?

Nicht in jedem Scheidungsfall ist ein Verkehrswertgutachten zwingend erforderlich, aber sobald Immobilienvermögen geteilt werden muss, ist es meist sehr ratsam. Wenn sich beide Ehepartner einvernehmlich über den Wert des gemeinsamen Hauses einigen, kann ein Gutachten entbehrlich sein. In der Praxis weichen die Vorstellungen jedoch oft auseinander – etwa könnte eine Partei versuchen, den Wert zu niedrig anzusetzen, um geringere Ausgleichszahlungen leisten zu müssen. Kommt es zum Streit über den Immobilienwert (z. B. im Rahmen des Zugewinnausgleichs oder wenn ein Partner den anderen auszahlt), bestellt das Familiengericht in der Regel einen vereidigten Sachverständigen, der den Verkehrswert objektiv ermittelt. In solchen gerichtlichen Auseinandersetzungen ist ein gerichtsfestes Immobiliengutachten faktisch Pflicht, denn nur ein unabhängiges Gutachten schafft eine faire Basis für die Vermögensaufteilung. Auch im Vorfeld einer Scheidung kann ein gemeinschaftlich beauftragtes Gutachten helfen, Streitigkeiten vorzubeugen und eine für beide Seiten gerechte Lösung zu finden.

Zwangsversteigerung – wann ist ein Verkehrswertgutachten hier vorgeschrieben?

Bei einer Zwangsversteigerung (gerichtlichen Versteigerung einer Immobilie, z. B. durch Gläubiger oder zur Auflösung von Eigentümergemeinschaften) ist ein Verkehrswertgutachten gesetzlich vorgeschrieben und unverzichtbarer Bestandteil des Verfahrens. Das zuständige Vollstreckungsgericht lässt zur Vorbereitung der Versteigerung immer ein Gutachten über den Verkehrswert der Immobilie durch einen unabhängigen Sachverständigen erstellen. Auf Grundlage dieses Gutachtens wird der Verkehrswert (Marktwert) vom Gericht offiziell festgesetzt.

Dieser Wert dient als Richtgröße für die Bietinteressenten und ist relevant für rechtliche Grenzen: Beispielsweise können Gebote in der ersten Versteigerungsrunde abgelehnt werden, wenn sie weniger als 50 % bzw. 70 % des festgesetzten Werts betragen (Schutzmechanismen für Schuldner gemäß Zwangsversteigerungsgesetz). Für den Eigentümer und die Gläubiger stellt das Gutachten sicher, dass die Immobilie nicht unter Wert verschleudert wird und ein fairer Mindestpreis ermittelt wird. Kurzum: In Zwangsversteigerungsverfahren ist ein Verkehrswertgutachten keine Option, sondern Pflichtprogramm.

Finanzamt und steuerliche Zwecke – fordert das Finanzamt ein Verkehrswertgutachten an?

Das Finanzamt selbst nimmt bei Immobilienübertragungen (Erbschaft, Schenkung, Immobilienkauf) zunächst eine eigene Bewertung vor und fordert nicht routinemäßig private Gutachten ein. Es gibt jedoch Situationen, in denen faktisch ein Gutachten benötigt wird, um steuerliche Nachteile zu vermeiden. Bei Erbschaften oder Schenkungen bildet der Immobilienwert die Grundlage für die Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer. Liegt ein Bescheid über den Grundbesitzwert vor, haben Steuerpflichtige das Recht, einen geringeren Verkehrswert nachzuweisen – und zwar ausschließlich mittels eines qualifizierten Gutachtens oder durch einen zeitnahen Verkauf.

Praktisch verlangt das Finanzamt in solchen Fällen ein gerichtsfestes Gutachten, um den niedrigeren Wert anzuerkennen. Auch bei der Grunderwerbsteuer (etwa wenn Immobilien zwischen Verwandten sehr günstig verkauft oder im Tausch übertragen werden) kann das Finanzamt ein Gutachten einfordern, falls der angegebene Kaufpreis deutlich vom vermuteten Marktwert abweicht. Allgemein gilt: Für steuerliche Zwecke ist ein Verkehrswertgutachten immer dann erforderlich, wenn die vom Finanzamt angesetzten Werte nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Ein unabhängiges Gutachten sorgt hier für Transparenz und eine gerechte Besteuerung.

Verkauf durch Betreuer oder Vormund – ist ein Verkehrswertgutachten vorgeschrieben?

Ja. Wenn eine Immobilie von einem rechtlichen Betreuer (für einen betreuten Erwachsenen) oder einem Vormund (für einen Minderjährigen) verkauft werden soll, schreibt das Gesetz eine Genehmigung des Gerichts vor (§ 1821 BGB für Vormundschaft; § 1907 BGB für Betreuung). In der Praxis bedeutet das: Der Betreuer darf den Kaufvertrag zwar unterschreiben, aber dieser bleibt schwebend unwirksam, bis das Betreuungsgericht zugestimmt hat. Um die Gerichtsgenehmigung zu erhalten, muss der Verkaufspreis dem Marktwert entsprechen – andernfalls würde der/die Betreute benachteiligt. 

Daher fordern Betreuungsgerichte in aller Regel ein Verkehrswertgutachten eines vereidigten Sachverständigen, bevor sie dem Verkauf zustimmen. Dieses Gutachten liefert einen neutralen Nachweis des aktuellen Immobilienwerts. Für Betreuer und Vormund dient es zugleich als Absicherung, dass sie ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen und das Vermögen der betreuten Person bestmöglich wahren. Kurzum: Beim Immobilienverkauf unter gerichtlicher Betreuung ist ein qualifiziertes Verkehrswertgutachten de facto Pflicht, da ohne Gutachten keine gerichtliche Genehmigung zu erwarten ist.

Gerichtliche Auseinandersetzungen – wann wird vor Gericht ein Verkehrswertgutachten benötigt?

Immer dann, wenn der Wert einer Immobilie Gegenstand eines Gerichtsverfahrens ist, wird in der Regel ein gerichtsfestes Gutachten benötigt. In gerichtlichen Auseinandersetzungen (z. B. bei Erbstreitigkeiten, Streit um Pflichtteilsansprüche, Aufteilung gemeinsamer Immobilien, Nachbarschaftskonflikten mit Wertminderung oder Baumängel-Prozessen) ist ein unabhängiges Sachverständigengutachten meist unerlässlich, um den Immobilienwert oder Schaden objektiv beurteilen zu lassen. Gerichte verlassen sich auf die Expertise öffentlich bestellter und vereidigter Gutachter, da deren Verkehrswertgutachten anerkannt und rechtssicher sind. So wird sichergestellt, dass die Entscheidung auf fundierten, neutral ermittelten Zahlen beruht und nicht auf einseitigen Behauptungen der Streitparteien.

Beispiel: In einem Erbstreit kann ein Miterbe ein privates Gutachten vorlegen, doch der/die Pflichtteilsberechtigte hat ein berechtigtes Interesse, eine eigene Wertermittlung zu verlangen, falls Zweifel am angegebenen Wert bestehen. Auch bei einer Teilungsversteigerung (wenn z. B. zerstrittene Erben oder geschiedene Partner die Auflösung der Gemeinschaft durch Versteigerung betreiben) kommt es wie erwähnt zum gerichtlich beauftragten Gutachten. Kurz gesagt: Sobald ein Immobilienwert vor Gericht zur Debatte steht, ist ein Verkehrswertgutachten quasi Pflicht, damit eine faire und juristisch haltbare Entscheidung getroffen werden kann.

Fazit: Wann ist ein Verkehrswertgutachten Pflicht?

Ein Verkehrswertgutachten ist immer dann Pflicht, wenn offizielle Stellen (Gerichte, Finanzbehörden) oder das Gesetz es verlangen – dies umfasst vor allem Zwangsversteigerungen, gerichtliche Verkäufe unter Betreuung und vergleichbare Fälle.

In vielen anderen Situationen ist es zwar freiwillig, aber äußerst empfehlenswert, um Transparenz und Gerechtigkeit herzustellen, sei es gegenüber dem Finanzamt, innerhalb der Familie oder vor Gericht. Ein qualifiziertes Gutachten bietet Sicherheit, dass der Immobilienwert korrekt angesetzt wird, und es kann teure Fehler, Streitigkeiten oder steuerliche Nachteile verhindern. Letztlich gilt: Immer dann, wenn erhebliche Werte auf dem Spiel stehen oder Dritte überzeugt werden müssen, ist ein Verkehrswertgutachten der Schlüssel zu einer verlässlichen Grundlage.

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